>
[wd_asp id=1]
Die Debatte um das umstrittene Süßungsmittel

Date

Mai 7, 2020

Category

FOOD

Tags

/NUTRITION

Artikel teilen

Sollen wir auf Zucker verzichten?

Saccharose, Glukose, Dextrose, Fructose, Maltose und Dextrin: Sie sind nur wenige der unzähligen Decknamen, hinter denen sich Zucker verbirgt. Trotz seines schlechten Rufs als Krankheitsverursacher für Herzinfarkte, Diabetes und Krebs, wird er uns von der Industrie gekonnt untergejubelt. Selbst bei Fleischwurst, Salzbrezeln und Rotkraut greifen die Hersteller sorglos in die Zuckerdose. Schließlich ist Zucker ein billiger Geschmacksverstärker mit der verkaufsfördernden Eigenschaft, süchtig zu machen.

Aber wie gefährlich ist Zucker wirklich? Konträre Expertenmeinungen, ein riesiger Medienhype, das Eingreifen oder vielmehr bewusste Wegsehen der Politik und eine mächtige Lobby, die aus dem Hintergrund die Fäden zieht, machen die Debatte um die süßen Kristalle besonders schwer durchschaubar. Da nahezu jeder Wissenschaftler auf diesem Forschungsgebiet von der Lebensmittelindustrie finanziell unterstützt wird, ist es umso wichtiger auf unabhängige Meinungen zu hören.

Professor Mike Rayner von der Universität Oxford und Professor Simon Capewell von der Universität Liverpool gehören zu den wenigen die bei ihrer Forschung keinerlei Sponsoring annehmen. Während der eine die Risiken für überwertet hält, bezeichnet der andere Zucker als pures Gift:

Wir essen zu viel Zuckert

Wir müssen unseren Zuckerkonsum reduzieren, erklärt Professor Rayner. Den Zucker per se als toxisch zu bezeichnen, hält er aber für übertrieben und falsch. Vielmehr sollten wir unsere Ernährung insgesamt überdenken und insbesondere die Kombination aus Zucker und gesättigten Fettsäuren meiden. Statt hochverarbeitetem Junk-Food sollte unser Fokus auf gesunden, frischen Lebensmitteln liegen. Auf dem Speiseplan stehen dann viel Gemüse, Obst und wenig Fleisch. Bisherige Studien, nach denen der Zuckerkonsum unsere kognitiven Fähigkeiten verschlechtere, seien suggestiv und nicht tiefgründig genug erforscht worden. „Wir wissen nicht eindeutig, warum wir immer dicker und dicker werden. Ich bin sehr sicher, es hängt mit der Energiedichte und der Kalorienmenge zusammen, ohne es nur auf den Zucker zurückzuführen,“ so Rayner. Zucker habe nämlich sowohl schlechte als auch gute Auswirkungen auf unseren Körper. Mike Rayner selbst gab zu, eine Schwäche für Coco-Pops und zuckerhaltige Getränke zu haben. Diese limitiert er jedoch auf Wochenenden, Geburts- und Feiertage. Gerade die süßen Drinks enthalten keinen weiteren Nährstoff bis auf Zucker. Der Professor empfiehlt deshalb, sie nicht als normales Lebensmittel anzusehen, sondern als Luxusgut vergleichbar mit Champagner. „Das Leben wäre ohne Schokolade und Süßgetränke viel ärmer.“

Süßigkeiten sollten wir nur selten genießent

Professor Simon Capewell sieht das ganz anders. Für ihn ist die Beweislage mittlerweile unumstritten: „Zugesetzter Zucker ist giftig.“ Er repräsentiere „leere Kalorien“, also 100 bis 200 zusätzliche Kalorien täglich, die unser Körper nicht braucht. Langfristig führe das zu Übergewicht, Diabetes, Herzkrankheiten und Krebs. Eine große US-amerikanische Studie aus dem New England Journal bewiest, dass raffinierter Zucker die größte Schuld am Übergewicht der über 60.000 untersuchten Patienten trägt. Capewell sagt auch, dass Zucker genauso süchtig mache wie eine Droge, die uns immer mehr davon verlangen lässt. Das Problem sei, dass die Industrie kein Interesse daran hat, die Wissenschaft ernst zu nehmen und den Zucker zu reduzieren. Für die Hersteller steht nur der maximaler Profit auf der Agenda, weswegen eine Zuckersteuer unumgänglich sei. In seinem Privatleben liest Professor Capewell sorgfältig die Labels seiner Lebensmittelverpackungen. Er rechnet die Gramm-Angaben in Teelöffel um und ist immer wieder schockiert über den unnötig hohen Zuckergehalt. Und trotzdem: „Ich würde Süßigkeiten niemals verbieten {…}, aber die Idee, dass jemand mehrere Fruchtsäfte oder zuckerhaltige Getränke täglich zu sich nimmt, ist verrückt.“ Laut ihm, wäre die Welt ein besserer Ort, wenn wir nur noch 5% unserer täglichen Kalorienzufuhr und nicht 15% wie momentan durch Zucker zu uns nehmen würden.